15. - 25. Juni 2012

 

Von Neukaledonien ins Riff

Am 15. Juni war es endlich soweit. Wir holten den Anker hoch, der uns so treu bei dem starken Wind in Noumea gehalten hatte, tankten Diesel und Wasser an der Tankstelle der Marina und dann ging es los. Wir segelten geschützt hinterm Riff der Lagune nach Nordwesten. Uns entgegen kam ein kleines australisches Boot, die wir im Süden von Neukaledonien kennengelernt hatten. Die SY Narama funkte uns auf UKW an und wünschte uns alles Gute für die Überfahrt.

Der Wind hatte noch eine leichte westliche Komponente, so dass wir flott unter Genua im zweiten und Groß im ersten Reff dahin glitten. Einige kleine Inselchen passierten wir, die ein oder andere sah sehr verlockend zum Ankern aus, aber wir wollten weiter. Durch den Pass Utoie ging es dann hinaus und der Ozeanschwell nahm uns in Empfang. Wir aßen unser vorbereitete Chili con Carne und gut gestärkt ging es in die erste Segelnacht. Um Mitternacht hatte der Wind dann schon auf Süd gedreht und im Laufe des Tages drehte er immer weiter östlich und wurde etwas schwächer.

Wir hielten uns eher nördlich und nahmen nicht direkten Kurs auf Australien. Es drohte nämlich eine ziemliche Flaute auf dem direkten Weg zwischen Noumea und dem Südende vom Great Barrier Riff. Wir hatten deshalb beschlossen, erstmal zum Chesterfield Riff zu segeln. Dieses liegt etwa auf halber Strecke zwischen der Hauptinsel von Neukaledonien und Australien und gehört offiziell zu Neukaledonien.

Leider weitete sich die Flautenzone deutlich weiter nach Norden aus als prognostiziert. So war die letzten zwei Tage Schwachwind segeln angesagt. Immer wieder mussten wir mit dem Motor nachhelfen, denn der Schwell ließ die Segel zu arg flappen. Das bisschen Wind, das zwischendurch mal kam, kam dann auch aus allen möglichen Richtungen. Das war ein bisschen frustrierend. Immerhin erreichten wir auch so die Antipoden unserer Reise. Damit sind wir also endlich richtig halb um die Welt gesegelt!

 

Im Chesterfield Riff

Wir fuhren von Osten kommend in das Chesterfield Riff hinein und kamen am späten Vormittag am Ankerplatz hinter den Trois Ilots du Mouillage an. Im türkisfarbenen Wasser suchten wir uns zwischen den dicken einzelnen Korallenköpfen vorm Strand eine schöne Stelle für unseren Anker auf Sand. Peter sprang dann sofort ins Wasser und kontrollierte, ob er gut lag. Anschließend erfreute er sich an dem Fischreichtum um den Korallenkopf, der kurz hinter unserem Heck lag. Endlich mal wieder tolles Schnorcheln! Leider gab's dafür auch einen leichten Sonnenbrand auf dem sonst von der Badehose geschützten Hintern.

Nach einem kurzen Mittagessen sprangen dann alle in Bango und es ging an Land. Wir waren das einzige Schiff im ganzen riesigen Riff und hatten die Insel für uns alleine. Nein, das stimmt nicht, denn auf der Insel gibt es riesige Mengen von Vögeln. Verschiedene Tölpelarten und andere Seevögel. Über der Insel hing die ganze Zeit eine kreischende Menge und die ganzen Büsche waren dicht besetzt mit Vögeln. Es war sogar nachts das laute Geschrei der Vögel zu hören.

Die Vögel störten sich wenig an uns, als wir die Insel querten um das Außenriff anzugucken. Die Insel ist nur ca. 5m hoch, es gibt keine Palmen nur Buschvegetation. Wir liefen dann lieber doch unterhalb des Spülsaums zurück, um die Vögel in Ruhe zu lassen. Der Strand war schön und bot tolle Sammelobjekte. Auf der Außenseite findet sich allerdings auch hier im Nirgendwo einiges an Müll: Plastikflaschen, Badelatschen, Netz- und Taureste und sogar eine Gasflasche. Ilka, Niklas und Karen badeten dann vorm inneren Strand und genossen das klare Wasser. Ein kleiner Schwarzspitzenhai guckte auch noch bei uns vorbei.

Peter wanderte ein Stück weiter und entdeckte ein Schild, auf dem das Chesterfield-Riff für Neukaledonien und Frankreich in Besitz genommen wird. Vor rund zwanzig Jahren aufgestellt scheint es seither nicht weiter gepflegt worden zu sein.

Kaum waren wir zurück auf Mango, da legte der Wind kräftig zu. Da er ziemlich südlich kam, wurde es tüchtig wellig am Ankerplatz. Der Ankerplatz ist nämlich nur bei Ost- bis Südost gut geschützt, bei Südwind wird es grenzwertig. Wir bekamen viel Windwelle ab, die sich innerhalb des Riffes aufbaute. Da aber Südost angesagt war, wollten wir auch nicht auf die andere Seite fahren, wo wir bei Süd besser gelegen hätten. So hoppelten wir vor Anker durch die Nacht. Da es bei dem Wind nicht so richtig attraktiv war, länger hier zu ankern, beschlossen wir doch keine längere Segelpause im Chesterfield Riff zu machen, sondern fuhren nach Mittagessen, Abwasch und Aufklaren am Nachmittag weiter. Rein rechnerisch musste es reichen, damit wir nicht am Wochenende in Australien ankommen sollten. Wir querten die Lagune mit der Genua im dritten Reff und verließen den Riffring durch den Passe de l'Ile Longue im Westen.

 

Nach Australien

Jetzt ging es wirklich los nach Australien. Angesichts des kräftig angesagten Windes zum Ende des Wetterberichts, beschlossen wir, das Südende des Great Barrier Riffs anzusteuern. Wir wollten dabei nicht eine lange Passage auf Legerwall durch das Riff hindurch nehmen. Einen Pass hätten wir zu passender Tageszeit im Hellen anlaufen müssen und außerdem war mit starker Strömung zu rechnen. Wenn Wind gegen Strömung steht, dann kann es ziemlich unangenehme Wellen in Pässen geben. Der Hydographers Pass nach Mackay biegt auch ganz nach Süd ab, so dass wir richtig gegen den angesagten Wind hätten kreuzen müssen. Das alles lockte uns nicht und letztendlich zeigte sich, dass die Entscheidung richtig war. Nur wenn wir direkt nach Cairns gewollt hätten, wäre es dort einfacher gewesen, da das Riff dort viel schmaler und der Pass schön breit ist.

Die folgenden zwei Tage hatten wir erstmal schönes Passatsegeln mit östlichen Winden. Als Peter gerade am dritten Abend auf See am Kochen war, spielte noch lange eine Delfinschule um unseren Bug. Das sind dann so richtig schöne Momente auf See.

Am dritten Morgen schwächelte der Wind mal wieder, wir hatten uns schon fast darauf eingestellt, den ganzen Tag zu motoren. Wir wollten die Südspitze vom Great Barrier Riff nämlich erreichen, bevor der nächste stärkere Wind einsetzte. Wir hatten gerade unseren Kurs auf West geändert, da setzte der Wind von Süd schon früher ein. Dieser ging dann ganz flott auf 6 Beaufort hinauf und in Null Komma Nix war es vorbei mit der ruhigen See. Eine ordentliche Welle baute sich auf und der Wind nahm kein Stück ab in den letzten eineinhalb Tagen der Überfahrt. Streckenweise hatten wir volle 8 Beaufort scheinbaren Wind an Bord und es regnete. Wir waren nur froh, dass wir raumschots ablaufen konnten gen Nord. Durch einen Pass bei dem Wetter, wäre nicht lustig geworden!

Da die Tide vor der australischen Küste ein wenig rein und raus ums Riffende schwappt, war die Welle bei teilweise 1kt Gegenstrom relativ steil. Und so kam es, dass wir das erste Mal seit zwei Jahren viel Wasser ins Cockpit bekamen. Immer in Karens Wachen meinte eine große Welle ins Cockpit zu platschen. Die erste Welle davon fand leider auch den Weg in das Achterkabinenfenster unterm Sprayhood. Dieses hatten wir bisher noch nie schließen müssen, aber einmal ist halt das erste Mal... Das Ergebnis war, dass das Wasser in einem Schwall durch das Fenster bis hinten in die Koje von Karen und Peter schoss. Die Matratze und Karens Decke und Kissen waren komplett Salzwasser gespült. Wir hatten immerhin soviel Glück, dass die Kisten, die neben dem Polster unterm Cockpitboden gestaut sind, trocken blieben. Darin sind u.a. deutsches Schulmaterial und unser Ersatzcomputer. Wir ließen das Malheur erstmal liegen, sicherten nur die trockenen Bettteile auf die Lümmelwiese im Salon. Diese Liegefläche nutzten wir dann abwechselnd zusammen mit Ilka für die letzten eineinhalb Tage zum Schlafen.

Da es regnete, war die Sichtweite furchtbar schlecht. Es war ein Blindflug nach Kartenplotter hinterm Riff insbesondere in den Nächten. Selbst tagsüber war kaum im Grau etwas zu sehen. Einen Segler sahen wir unterwegs und hatten Funkkontakt. Sie liefen nur vor Topp und Takel mit 5 Knoten nach Norden. Wir hatten auch nur noch ein kleines Handtuch von der Genua bzw. später der Fock stehen. Es war das bisher schlechteste Wetter, welches wir auf der Reise erlebt hatten. Und es war kalt mit der Nässe und dem Südwind aus der Antarktis. Wir dachten, wir sind wieder in den Tropen, und dann holten wir die dicken Fleecesocken heraus und zogen Gummistiefel an!

Nach mitternächtlichen Wachwechsel auf den 25. Juni näherte wir uns endlich Mackay, unserem Zielhafen. Vor Mackay lagen zahlreichen Erzfrachter auf Reede. Bei der schlechten Sicht war es für Peter ziemlich spannend zwischen diesen hindurch zu segeln. Die Frachter waren nämlich richtig groß, meistens gleißend hell beleuchtet, aber ab und zu war zwischen ihrem Ankerlicht vorn beim Bug und dem Aufbau hinten ziemlich viel dunkler Platz. In dem ganzen Lichtergewirr war ein einzelner fahrender Frachter erst ziemlich spät aufgefallen. Der hatte ja nur die paar Positionslaternen an und passierte als sonst dunkle Wand ca. 400m vor unserem Bug.

Um 3:45 Uhr war dann auch das überstanden, das Segel wurde eingerollt und wir fuhren in den großen Hafen von Mackay ein. Immer an der Mole entlang ging es in die Einfahrt zur Marina. Wir fanden im Dunkeln die Tankstelle, die gleichzeitig als Quarantäneplatz dient. Wir hatten nämlich vorher mit dem Zoll telefoniert, weil wir sicher gehen wollten, dass wir bei nächtlicher Ankunft keine Overtime-Gebühren für das Einklarieren zahlen mussten. Diese sind aber wirklich nur fällig, wenn man am Wochenende einklariert.

Das Tor zum Tankstellen-Ponton war allerdings nicht verschlossen, wir hätten sogar an Land gekonnt zum Schmuggeln ;-)) Das war uns allerdings ziemlich egal, wir fielen nur noch todmüde in die Koje. Wir waren endlich in Australien angekommen.

Um 7:00 Uhr klingelte schon wieder der Wecker, wir machten lecker Frühstück mit viel Rührei aus unseren letzten Eiern, bevor um 8:00 Uhr der Herr von der Biosecurity an Bord kam. Er prüfte sehr gründlich sämtliche Lebensmittel an Bord und guckte genau, ob wir in den Lebensmittelschapps Insekten hätten. Wir mussten 330 AUS$ für die Inspektion zahlen, dafür wurden immerhin noch die Schuhsohlen von Karens und Ilkas Wanderschuhen gereinigt und auch das Reinigen von den Laufradrädern per Zahnbürste mit Desinfektionsmittel war im Service inbegriffen. Außerdem bekamen wir die Erlaubnis für ein Jahr mit dem Schiff in australischen Gewässern zu segeln. Wollten wir länger bleiben, dann müssten wir das Schiff ausräuchern lassen, damit keine fremden Termiten , die vielleicht im Holzeinbau sitzen könnten, ins Land kommen. Das ganze lief sehr höflich ab und wir bekamen nebenbei schon ein paar Infos zu Mackay und den giftigen Quallen im Meerwasser erzählt. Nach etwa einer Stunde war die Inspektion vorbei und eine Dame und ein Herr von Custom und Immigration kamen an Bord. Die Stempel im Pass waren schnell erteilt, wir bekamen noch einen Haufen Papier mit Infos für die Weiterfahrt und dann waren wir richtig drinnen!

Schnell wurde verholt und Mango fest verzurrt am richtigen Marina-Liegeplatz. Dann erkundeten wir erstmal die Marina und die Preise für die Waschmaschinen und Wäschetrockner! Aber davon erzählen wir im nächsten Bericht.